Der Wirtschaftsreferent der Staatsanwaltschaft – tauglicher Sachverständiger im Strafverfahren?

Wirtschaftsreferenten sind wirtschaftlich geschulte Personen, die – jedenfalls auch – zusammen mit Staatsanwälten die Strafverfolgung in Wirtschaftsstrafsachen betreiben. Sie sind Kollegen der Staatsanwälte. Sie werden aber immer wieder auch in den Verfahren ihrer Kollegen sowohl im Ermittlungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren als Sachverständige i.S.d. §§ 72 ff. StPO bestellt.

Das sich aus der möglichen Tätigkeit als Sachverständiger ergebende Spannungsfeld liegt auf der Hand. Es ist regelmäßig bereits im Ermittlungsverfahren angelegt, weil der das Verfahren führende Staatsanwalt in den meisten Bundesländern den Wirtschaftsreferenten bei entsprechendem Bedarf schon in diesem zum Sachverständigen bestellen wird. Kommt es später zur Anklage, stellt sich für das Gericht die Frage, ob es den bereits eingearbeiteten Wirtschaftsreferenten als Sachverständigen beauftragen soll. Bei einigen Gerichten scheint diese Beauftragung ein Automatismus zu sein, der allenfalls noch bei der Verteidigung ein Störgefühl auslöst.

Die Frage ist offenkundig: Ist eine solche Beauftragung eines im Staatsdienst stehenden und in die Organisations- und Behördenstruktur eingebundenen Kollegen des Staatsanwalts als unabhängiger und nicht weisungsgebundener Sachverständiger möglich?

Man kann die Frage grundsätzlich stellen: Kann ein Wirtschaftsreferent, der ein Kollege des ermittelnden Staatsanwalts ist, jemals Sachverständiger in einem Verfahren seines Kollegen sein? Die Frage lässt sich allgemeiner stellen als Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit der Bestellung von Sachverständigen, die auch Strafverfolgungsfunktionen übernehmen. Man kann die Frage aber auch – bei Bejahung der grundsätzlichen Möglichkeit – spezieller formulieren und die Grenzen eines im Ausgangspunkt grundsätzlich für möglich erachteten Einsatzes von Wirtschaftsreferenten als Sachverständige beleuchten.