juris PraxisReporte

Anmerkung zu:BGH 11. Zivilsenat, Urteil vom 20.05.2025 - XI ZR 22/24
Autor:Eric Aßfalg, RA
Erscheinungsdatum:25.07.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 812 BGB, § 492 BGB, § 493 BGB, § 2016-03-1 BGBEG §, § § BGBEG Art, § 543 ZPO, § 502 BGB, § 489 BGB
Fundstelle:jurisPR-BGHZivilR 15/2025 Anm. 1
Herausgeber:Prof. Dr. Markus Würdinger, Universität Passau
Zitiervorschlag:Aßfalg, jurisPR-BGHZivilR 15/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Rückzahlung eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrages



Leitsatz

Zur Ordnungsgemäßheit der Angabe über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in einem Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag.



A.
Problemstellung
Nach § 502 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Darlehensgeber im Fall der vorzeitigen Rückzahlung eines Darlehens mit gebundenem Sollzinssatz eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung für den unmittelbar mit der vorzeitigen Rückzahlung zusammenhängenden Schaden verlangen. Der Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung ist jedoch gemäß § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen, wenn die Angaben über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in dem Vertrag unzureichend sind. Bei Allgemein- und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen konkretisiert § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 bzw. Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB dies dahin, dass die vom Darlehensgeber verwendete Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung klar und verständlich erläutert werden muss.
Der BGH hat sich in den letzten Jahren wiederholt mit den Anforderungen an eine klare und verständliche Formulierung entsprechender Vorfälligkeitsentschädigungsklauseln befasst (u.a. BGH, Urt. v. 03.12.2024 - XI ZR 75/23 - BGHZ 242, 227 Rn. 15 ff.; BGH, Urt. v. 05.11.2019 - XI ZR 650/18 - BGHZ 224, 1 Rn. 40 ff.; zu den Auswirkungen unzureichender Angaben auf den Lauf der Widerrufsfrist BGH, Urt. v. 04.06.2024 - XI ZR 113/21 - NJW-RR 2024, 918 Rn. 29 ff.; BGH, Urt. v. 27.02.2024 - XI ZR 258/22 - BGHZ 239, 337 Rn. 36 ff.; BGH, Urt. v. 28.07.2020 - XI ZR 288/19 - BGHZ 226, 310).
Mit der hier besprochenen Entscheidung präzisiert der XI. Zivilsenat die Anforderungen in Bezug auf die Erläuterung der Aktiv-Passiv-Methode weiter.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Im Anlassfall hatte der Kläger mit der beklagten Sparkasse im August 2016 einen Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag über einen Nettodarlehensbetrag von ca. 135.000 Euro zu einem über zehn Jahre gebundenen Sollzinssatz von 1,4% p.a. geschlossen, zahlbar in 370 Monatsraten zu je 450,65 Euro. Vereinbart war ferner ein nicht auf die Folgejahre übertragbares jährliches Sondertilgungsrecht von bis zu 6.500 Euro. In dem Darlehensvertrag vereinbarten die Parteien das Recht der Sparkasse auf eine Vorfälligkeitsentschädigung (Ziffer 10.1), wobei sich die Sparkasse auf die Berechnung nach der Aktiv-Passiv-Methode festlegte (Ziffer 10.2 Satz 2).
Die Berechnung nach Maßgabe der Aktiv-Passiv-Methode erläuterte der Darlehensvertrag wie folgt:
„[…] Durch diese Berechnungsmethode wird die Sparkasse so gestellt, als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre.
Für die Ermittlung der Vorfälligkeitsentschädigung wird von einer Anlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel (Pfandbriefrenditen der Deutschen Bundesbank) ausgegangen. Zunächst wird der Betrag ermittelt, der zum Ablösestichtag erforderlich ist, um sämtliche ursprünglich vereinbarten Zahlungen aus dem Kreditvertrag (Zinsen, Tilgung) sowie das rechnerische Restkapital am Ende der Zinsfestschreibung zu erzielen. Die anfallenden Zinsen sind in diese Berechnung einbezogen.
Zusätzlich wird das auf den restlichen Zinsbindungszeitraum entfallende und somit – auf Basis des effektiven Jahreszinses – zu erstattende Disagio in die Berechnung einbezogen, sofern ein Disagio vereinbart wurde.
Die Sparkasse ermittelt ferner die zukünftig entfallenden Risiko- und Verwaltungskosten und reduziert die Vorfälligkeitsentschädigung entsprechend.
Durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht ein Insitutsaufwand, der Ihnen in Rechnung gestellt wird.
Bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wird zusätzlich von Folgendem ausgegangen:
- Berücksichtigung der sich durch die Tilgung verringernden Darlehensschuld;
- Schadensmindernde Berücksichtigung vereinbarter Sondertilgungsrechte;
- Abzinsung der ermittelten Schadensbeträge auf den Rückzahlungszeitpunkt.
[…]“.
Im Jahr 2020 löste der Kläger das Darlehen vorzeitig ab, weil er die besicherte Immobilie weiterveräußert hatte (vgl. OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 17). Dafür berechnete ihm die Beklagte eine Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 7.600,16 Euro zuzüglich eines „Institutsaufwands“ i.H.v. 150 Euro. Der Kläger zahlte beide Beträge im Oktober/November 2020 unter dem Vorbehalt der Rückforderung; seinem Rückforderungsbegehren vom Januar 2021 leistete die Beklagte keine Folge.
Das Landgericht hat der auf § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB gestützten Klage vollumfänglich stattgegeben (LG Hannover, Urt. v. 24.08.2023 - 4 O 17/23). Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage dagegen hinsichtlich der Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung abgewiesen (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 31 ff.) und dem Kläger nur einen Rückzahlungsanspruch wegen der Berechnung des „Institutsaufwands“ i.H.v. 150 Euro zugesprochen (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 53 ff.). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe die Vorfälligkeitsentschädigung nicht ohne Rechtsgrund geleistet, weil die Angaben zur Berechnungsmethode in Ziffer 10.2 des Darlehensvertrags den Anforderungen nach § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB genügten und der Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung daher nicht nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ausgeschlossen sei (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 32, 35, 37). Die Klausel erläuterte wie in der Rechtsprechung des BGH gefordert die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nach Maßgabe der Aktiv-Passiv-Methode wesentlichen Parameter in groben Zügen, indem sie auf die Berechnung auf Grundlage der für das Darlehen ursprünglich vereinbarten Zins- und Tilgungsleistungen und der Wiederanlagemöglichkeit des vorzeitig zurückgezahlten Kapitals abstelle (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 39, 41). Die Sparkasse habe nicht genauer herausarbeiten müssen, dass ihr ersatzfähiger Schaden (nur) in der Differenz zwischen dem Gewinn bei Fortführung des Vertrages bis zum Ende der geschützten Zinserwartung und dem Gewinn aus der Wiederanlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel bestehe. Dies ergebe sich vielmehr schon „aus dem Einleitungssatz zur Erläuterung der Aktiv-Passiv-Methode“, also (wohl) aus der Formulierung, dass die Sparkasse im Ergebnis so gestellt wird, „als ob der Kredit bis zum Ablauf der Zinsbindung planmäßig fortgeführt worden wäre“ (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 42).
Unzureichend seien die Angaben entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht deshalb, weil aus der Klausel nicht ganz klar hervorgehe, dass es nicht auf den Ablauf der vertraglich vereinbarten Zinsbindungsfrist ankomme, sondern auf den ggf. früheren Zeitpunkt der erstmaligen ordentlichen Kündbarkeit des Darlehens (vgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Soweit die Klausel nämlich auf den „Ablauf der Zinsbindung“ abstelle, sei darunter nicht nur das Ende der Sollzinsbindung durch Zeitablauf zu verstehen, sondern auch das vorzeitige Ende der Zinsbindung durch Kündigung des Darlehensnehmers. Dass die rechtlich geschützte Zinserwartung deshalb aber lediglich den Zeitraum bis zur möglichen ordentlichen Kündigung erfasse, habe die Beklagte in der Klausel nicht explizit klarstellen müssen, weil es genüge, den zeitlichen Rahmen anzugeben, der der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung zugrunde liegt (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 45 f.). Verlange man demgegenüber schon im Vertrag selbst eine dahin gehende Klarstellung, mit der alle Einzelheiten der Berechnung aufgeführt wurden, laufe das faktisch auf eine Art „Beispielrechnung“ hinaus, mit der die vertraglichen Angaben überfrachtet würden (Information Overload) und die auch nach dem Willen des Gesetzgebers erst nachträglich im Rahmen der Auskunft nach § 493 Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 BGB vorgenommen werden müsse (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 47).
Die vom Berufungsgericht (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 61) für den Kläger gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO wegen Divergenz zu anderen oberlandesgerichtlichen Entscheidungen (vgl. unten E.) zugelassene Revision des Klägers hatte Erfolg; sie führte zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des Klägers erkannt worden war, und zur vollständigen Zurückweisung der Berufung der Beklagten (Rn. 6, 27 des Besprechungsurteils). Anders als das Berufungsgericht hat der BGH die Angaben zur Berechnungsmethode für den Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung für unzureichend gehalten. Er bejahte daher den Anspruchsausschluss nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB und damit im Ergebnis den Bereicherungsanspruch des Klägers (Rn. 15, 19 des Besprechungsurteils).
Richtig sei zwar im Ausgangspunkt, dass es im Hinblick auf eine hinreichende Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Berechnungsmethode genüge, wenn der Darlehensgeber die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung wesentlichen Parameter in groben Zügen benennt, wobei eine Darstellung der finanzmathematischen Berechnungsformel nicht erforderlich sei (BGH, Urt. v. 20.05.2025 - XI ZR 22/24 Rn. 18; st. Rspr., vgl. etwa auch BGH, Urt. v. 03.12.2024 - XI ZR 75/23 - BGHZ 242, 227 Rn. 18; BGH, Urt. v. 05.11.2019 - XI ZR 650/18 - BGHZ 224, 1 Rn. 44 f.). Bei der hier gewählten Aktiv-Passiv-Methode sei die Differenzrechnung zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei vereinbarungsgemäßer Durchführung des Darlehensvertrages tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt, jedoch ein wesentlicher Parameter der Schadensberechnung; er müsse daher in groben Zügen benannt werden, weil die Berechnungsmethode ohne diese Angabe nicht nachvollziehbar sei (Rn. 21 f. des Besprechungsurteils). Weil die Angabe zum Verständnis der Berechnungsmethode zentral sei, laufe die gebotene abstrakte Darstellung der Differenzrechnung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch nicht auf die Forderung nach der genauen Angabe der finanzmathematischen Berechnungsformel hinaus (Rn. 25 des Besprechungsurteils). Schließlich überzeuge auch der vom Berufungsgericht vertretene Rückschluss aus § 493 Abs. 5 BGB nicht, weil die Regelung nichts über die Anforderungen bei Vertragsschluss nach Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB, § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB aussage (Rn. 26 des Besprechungsurteils; vgl. auch schon BGH, Urt. v. 03.12.2024 - XI ZR 75/23 - BGHZ 242, 227 Rn. 27).
Gemessen hieran genüge die streitgegenständliche Klausel nicht den Anforderungen nach Art. 247 § 7 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB, § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Die Klausel erwähne zwar die Wiederanlage der vorzeitig zurückgezahlten Darlehensmittel in sichere Kapitalmarkttitel und unmittelbar im Anschluss den Umstand, dass die Sparkasse bei der Berechnung den ihr bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung zustehenden Betrag aus Tilgungs- und Zinszahlungen sowie dem rechnerischen Restkapital am Ende der vereinbarten Sollzinsbindung ermittelt; beide Parameter würden in der Klausel aber nirgends in Beziehung zueinander gesetzt. Für den Verbraucher sei damit nicht hinreichend erkennbar, dass der der Bank entstehende finanzielle Nachteil im Ausgangspunkt in der Differenz zwischen dem Vertragszins und der Rendite aus der Wiederanlage der Darlehensmittel in restlaufzeitkongruenten sicheren Kapitalmarkttiteln bestehe (Rn. 24 des Besprechungsurteils). Vielmehr könne der Verbraucher die Angabe zur Ermittlung der entfallenden Tilgungs- und Zinszahlungen auch dahin missverstehen, dass diese auf den Ablösezeitpunkt abgezinst werden sollten (Rn. 24 des Besprechungsurteils).


C.
Kontext der Entscheidung
Mit der Entscheidung klärt der XI. Zivilsenat die bislang kaum thematisierte Frage, ob und inwieweit die Erläuterung der Aktiv-Passiv-Methode als Berechnungsmethode einen abstrakten Hinweis auf die vorzunehmende Differenzrechnung enthalten muss. Dabei überzeugt die Auffassung des Senats auch in der Sache, weil es nicht das Risiko des Verbrauchers sein kann, sich mit einer „gewisse[n] Phantasie und [einem] Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge“ zu erschließen, wie die verschiedenen Rechnungsposten wohl nach der Lesart der Bank zueinander ins Verhältnis zu setzen sein sollen (in diesem Sinne schon OLG Stuttgart, Urt. v. 07.02.2024 - 9 U 124/23 Rn. 48; a.A. zuvor OLG Rostock, Urt. v. 17.04.2024 - 1 U 24/21 - ZIP 2024, 2082 Rn. 11). Die Bank muss daher zumindest klarstellen, welche Rechenoperationen im Verhältnis zwischen den einzelnen Parametern abstrakt durchzuführen sind – nicht aber, wie die einzelnen Parameter ihrerseits im Einzelnen errechnet werden.
Der vom Berufungsgericht herangezogene Topos des „Information Overload“ trägt hier dagegen nicht. Zum einen hat der EuGH ihm in diesem Zusammenhang schon eine deutliche Absage erteilt (EuGH, Urt. v. 21.12.2023 - C-38/21 u.a. – NJW 2024, 809 Rn. 256 „BMW Bank“; EuGH, Urt. v. 09.09.2021 - C-33/20 u.a. - NJW 2022, 40 Rn. 100 „Volkswagen Bank“: Angabe der Berechnungsmethode „in einer konkreten und für einen Durchschnittsverbraucher leicht nachvollziehbaren Weise […], so dass dieser die Höhe der bei vorzeitiger Rückzahlung fälligen Entschädigung anhand der im Kreditvertrag gegebenen Informationen bestimmen kann“; vgl. dazu aber auch Aßfalg, GPR 2022, 77, 93, sowie Kalisz, WuB 2025, 81, 83 unter 3. a) und b)). Zum anderen kann man von einem „Information Overload“ sinnvollerweise nur dann sprechen, wenn es sich um die Mitteilung an sich entbehrlicher Informationen handelt, durch die der Blick auf das Wesentliche verstellt wird. Wenn dagegen die Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung in einer Weise lückenhaft sind, dass der Verbraucher sich das „richtige“ Verständnis nur durch Vermutungen über das (vielleicht) Gemeinte – hier das Verhältnis der Rechnungsparameter zueinander – erschließen kann, handelt es sich nicht um einen „Information Overload“, sondern um ein Informationsdefizit, das weiter gehenden Aufklärungsbedarf erzeugt.
Nicht recht zu überzeugen vermag dagegen der Abgrenzungsversuch des Senats zur Entscheidung BGHZ 224, 1 betreffend die Erläuterung der Aktiv-Aktiv-Methode. Dort hatte es der Senat noch ausreichen lassen, dass eine Vorfälligkeitsentschädigungsklausel die verschiedenen Berechnungsparameter schlicht benennt, wobei deren Aufzählung mit einem „insbesondere“ eingeleitet wurde (BGH, Urt. v. 05.11.2019 - XI ZR 650/18 - BGHZ 224, 1 Rn. 45 f.). Auch bei der Aktiv-Aktiv-Methode bedarf es aber einer Differenzrechnung zur Ermittlung des Zinsverschlechterungsschadens und stehen die Berechnungsparameter auch sonst nicht beziehungslos nebeneinander (vgl. BGH, Urt. v. 01.07.1997 - XI ZR 267/96 - BGHZ 136, 161 Rn. 27 bis 29; OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.06.2019 - 17 U 158/18 Rn. 59; Knops in: BeckOGK, Stand 01.05.2025, § 502 BGB Rn. 46). Konsequenter wäre es daher, auch hier einen abstrakten Hinweis auf das Verhältnis der einzelnen Berechnungsparameter zueinander zu fordern.


D.
Auswirkungen für die Praxis
Für die Praxis ist mit der Entscheidung klargestellt, dass die Erläuterung der Aktiv-Passiv-Methode auch die abstrakte Darstellung enthalten muss, dass sich der Schaden der Bank aus einer Differenzrechnung zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei vereinbarungsgemäßer Durchführung des Darlehensvertrages tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt, errechnet. Dabei genügt es nicht, dass beide Parameter in der Erläuterung schlicht benannt werden; entscheidend ist vielmehr, dass sie so in Beziehung zueinander gesetzt werden, dass für den Darlehensnehmer erkennbar ist, dass eine Differenzrechnung zwischen beiden Parametern vorzunehmen ist.


E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Nicht geäußert hat sich der BGH in der Entscheidung zu dem vom Kläger weiterhin angeführten, vom Berufungsgericht aber nicht für durchgreifend erachteten Gesichtspunkt, dass die Klausel, soweit sie (nur) vom „Ablauf der Zinsbindung“ spricht, nicht deutlich genug mache, dass es nicht auf den Ablauf der vertraglich vereinbarten Zinsbindungsfrist ankomme, sondern auf den ggf. früheren Zeitpunkt der erstmaligen ordentlichen Kündbarkeit des Darlehens (vgl. § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Das ist insofern bemerkenswert, als das Berufungsgericht letztlich (nur) in diesem Gesichtspunkt eine entscheidungserhebliche Divergenz i.S.v. § 543 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO zu Entscheidungen des OLG Saarbrücken und des OLG Zweibrücken gesehen und es sich nur dadurch zur Zulassung der Revision veranlasst gesehen hat (vgl. OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 61). Eine auf diese Rechtsfrage beschränkte Revisionszulassung war aber freilich nicht möglich (vgl. nur Krüger in: MünchKomm ZPO, 7. Aufl. 2025, § 543 Rn. 42), und der BGH war an die Zulassungsentscheidung auch unabhängig davon gebunden, ob er die vom Berufungsgericht für zulassungsrelevant erachtete Rechtsfrage für entscheidungserheblich hielt (§ 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl. Jacobs in: Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 543 Rn. 38).
Der Senat hat im letzten Jahr bereits entschieden, dass eine Vorfälligkeitsentschädigungsklausel, die auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ abstellt, unzureichend i.S.d. § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist, weil diese Formulierung bei einem Durchschnittsverbraucher den irreführenden Eindruck erwecken könne, es komme stets auf die noch verbliebene Gesamtlaufzeit des Darlehens und nicht auf den ggf. kürzeren Zeitraum der rechtlich geschützten Zinserwartung an (BGH, Urt. v. 03.12.2024 - XI ZR 75/23 - BGHZ 242, 227 Rn. 19, 23 f.; im gleichen Sinne zuvor als Vorinstanz OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.03.2023 - 7 U 14/22 Rn. 60 f.; vgl. auch OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2023 - 4 U 134/21 - ZIP 2023, 1174 Rn. 61 f.). Dabei hat er auch dem Umstand Bedeutung beigemessen, dass im Vertrag nicht klargestellt wurde, dass die „Restlaufzeit“ nicht mit der „Vertragslaufzeit“ (voraussichtliche Gesamtlaufzeit des Darlehens) identisch ist (BGH, Urt. v. 03.12.2024 - XI ZR 75/23 - BGHZ 242, 227 Rn. 24). Beiläufig hat der Senat weiter geäußert, der Verbraucher könne aus einer Vorfälligkeitsentschädigungsklausel, die auf den „Zeitraum der Sollzinsbindung“ abstellt, folgern, „dass sich das dort geregelte Recht zur vorzeitigen Rückzahlung auf eben diesen Zeitraum bezieht“ (BGH, Urt. v. 03.12.2024 - XI ZR 75/23 - BGHZ 242, 227 Rn. 25). Was genau dies im Hinblick auf § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB bedeutet, ist damit aber noch nicht eindeutig gesagt.
Die Oberlandesgerichte Saarbrücken, Zweibrücken, Brandenburg und Kiel haben dazu jeweils die Auffassung vertreten, eine Formulierung, die auf den „Zeitraum der Sollzinsbindung“ abstelle, vermittle den unzutreffenden Eindruck, dass der Zinsverschlechterungsschaden stets in Bezug auf den Zeitraum bis zum Ende der Sollzinsbindung durch Zeitablauf zu berechnen sei, und sei daher irreführend (OLG Brandenburg, Urt. v. 20.03.2024 - 4 U 35/23 - WM 2024, 1759 Rn. 52; OLG Kiel, Urt. v. 21.12.2023 - 5 U 107/23 Rn. 70 ff.; OLG Zweibrücken, Urt. v. 22.03.2023 - 7 U 14/22 Rn. 61; OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2023 - 4 U 134/21 - ZIP 2023, 1174 Rn. 62). Insbesondere genüge es nicht, dass der Darlehensnehmer an anderen Stellen des Vertrages auf das Kündigungsrecht nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB hingewiesen werde, weil für ihn allein daraus der Zusammenhang mit der vertraglichen Regelung über die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung nicht deutlich werde. Vielmehr müsse dieser Zusammenhang in der Klausel zur Erläuterung der Berechnungsmethode selbst hergestellt werden, jedenfalls, wenn diese Klausel ihrem Duktus nach (Überschrift „Angabe zur Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung (Ablöseentschädigung)“) den Eindruck erwecke, die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung maßgeblichen Angaben abschließend zu enthalten (so OLG Saarbrücken, Urt. v. 26.01.2023 - 4 U 134/21 - ZIP 2023, 1174 Rn. 62).
Das hiesige Berufungsgericht (OLG Celle, Urt. v. 31.01.2024 - 3 U 82/23 Rn. 45 bis 47; ebenso schon OLG Celle, Urt. v. 16.08.2023 - 3 U 8/23 Rn. 35 f. [zur „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“; Revision anhängig unter XI ZR 181/23]) und das OLG Köln (Urt. v. 24.05.2023 - 13 U 177/22 Rn. 20) meinen dagegen, der Umfang der rechtlich geschützten Zinserwartung gehöre von vornherein nicht zu den geschuldeten Angaben zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, so dass nicht klargestellt werden müsse, dass die Zinsbindung außer durch Zeitablauf auch vorzeitig durch ordentliche Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB enden könne und dass dieser ggf. frühere Zeitpunkt dann auch für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung maßgeblich sei. Auch das OLG Stuttgart und das OLG Düsseldorf stehen im Ergebnis auf diesem Standpunkt, weil es nicht mehr zu einer Erläuterung „in groben Zügen“ gehöre, den Umfang der rechtlich geschützten Zinserwartung im Einzelnen aufzuschlüsseln (OLG Stuttgart, Urt. v. 18.05.2022 - 9 U 237/21 Rn. 49 ff.) bzw. weil mit der Formulierung „Ablauf der Zinsbindung“ „quasi als Oberbegriff lediglich das Ende der vereinbarten Zinsbindung als solche“ beschrieben werde, dieses aber eben nicht nur durch Zeitablauf, sondern auch durch ordentliche Kündigung erreicht werden könne (OLG Düsseldorf, Urt. v. 14.02.2025 - I-17 U 142/23 Rn. 58). Das OLG Rostock schließlich hält eine entsprechende Formulierung jedenfalls dann für akzeptabel, wenn – wie im hiesigen Streitfall – ohnehin nur eine zehnjährige Zinsbindung vereinbart wird (OLG Rostock, Urt. v. 17.04.2024 - 1 U 24/21 - ZIP 2024, 2082 Rn. 14).
Überzeugender erscheint es, die vom BGH für ein Abstellen auf die „Restlaufzeit des abzulösenden Darlehens“ angestellten Erwägungen auch auf den Fall zu übertragen, dass in der Klausel bei einer mehr als zehnjährigen vertraglichen Zinsbindungsfrist auf den „Zeitraum der Sollzinsbindung“ abgestellt wird. Denn im Kern geht es in beiden Fällen darum, dass nicht explizit klargestellt wird, dass die rechtlich geschützte Zinserwartung der Bank aufgrund einer Kündigung nach § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB eventuell geringer ausfällt, als es dem ersten Anschein nach den Eindruck hat. Sprachlich-systematische Erwägungen, wie sie sich etwa in der genannten Entscheidung des OLG Düsseldorf finden, mögen zwar für den Juristen selbstverständlich sein und die Klausel daher bei entsprechend wohlwollendem Verständnis als hinreichend klar erscheinen lassen; für den rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittsverbraucher sind solche Erwägungen dagegen nicht selbstverständlich. Das letzte Wort wird freilich auch hier der BGH haben.



Immer auf dem aktuellen Rechtsstand sein!

IHRE VORTEILE:

  • Unverzichtbare Literatur, Rechtsprechung und Vorschriften
  • Alle Rechtsinformationen sind untereinander intelligent vernetzt
  • Deutliche Zeitersparnis dank der juris Wissensmanagement-Technologie
  • Online-First-Konzept

Testen Sie das juris Portal 30 Tage kostenfrei!

Produkt auswählen

Sie benötigen Unterstützung?
Mit unserem kostenfreien Online-Beratungstool finden Sie das passende Produkt!