juris PraxisReporte

Anmerkung zu:BGH 8. Zivilsenat, Versäumnisurteil vom 26.03.2025 - VIII ZR 282/23
Autor:Norbert Eisenschmid, RA
Erscheinungsdatum:03.07.2025
Quelle:juris Logo
Normen:§ 555b BGB, § 559 BGB, § 812 BGB
Fundstelle:jurisPR-MietR 13/2025 Anm. 1
Herausgeber:Norbert Eisenschmid, RA
Zitiervorschlag:Eisenschmid, jurisPR-MietR 13/2025 Anm. 1 Zitiervorschlag

Mieterhöhung aufgrund einer energetischen Modernisierung



Leitsatz

Zur Feststellung der nachhaltigen Einsparung von Endenergie bei einer energetischen Modernisierung der Mietsache (§ 555b Nr. 1 BGB; im Anschluss an Senatsurteil vom heutigen Tag - VIII ZR 283/23, zur Veröffentlichung bestimmt).

A.
Problemstellung
Führt der Vermieter eine Modernisierung durch, die in Bezug auf die Mietsache nachhaltig Energie einspart, muss er die Energieeinsparung sowohl bei der Ankündigung der Maßnahme als auch bei der nach Abschluss der Arbeiten vorgenommenen Mieterhöhungserklärung belegen. Fraglich ist, welche Anforderungen der Vermieter zum Nachweis der Energieeinsparung einzuhalten hat.


B.
Inhalt und Gegenstand der Entscheidung
Die Klägerinnen waren Mieter einer in einem Mehrfamilienhaus gelegenen Wohnung. Die Wohnung wurde mit einer Etagenheizung (Kombi-Therme) beheizt. Dieses Heizsystem wurde mit der Modernisierung durch eine Gaszentralheizungsanlage einschließlich Warmwasseraufbereitung ersetzt. Nach Abschluss der Arbeiten erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 26.10.2017 die Mieterhöhung um 39 Euro auf nunmehr insgesamt 499 Euro Grundmiete. Die Klägerin zahlten die erhöhte Miete bis zum Ende des Mietverhältnisses. Wegen der nach ihrer Auffassung zu viel gezahlten Miete wegen der Modernisierungsmieterhöhung begehrten sie die Rückzahlung von 624 Euro.
Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht bestätigte die Entscheidung.
Das Berufungsgericht ging davon aus, dass mit der Maßnahme der Beklagten eine Energieeinsparung i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB nicht nachgewiesen sei. Das Gericht orientierte sich dabei an den Ausführungen des Sachverständigen, dem jedoch keine Daten zum Verbrauch der Heizung vor Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen vorlagen, und daher den Vergleichszeitraum von 4-5 Jahren vor bzw. nach der Modernisierung nicht ausreichend bewerten konnte. Das Berufungsgericht ging daher davon aus, dass eine Energieeinsparung nicht nachgewiesen sei, was seiner Auffassung nach zulasten der Beklagten gehe, da diese für das Vorliegen der Mieterhöhungsvoraussetzungen beweispflichtig sei.
Die Revision, die unter dem Gesichtspunkt, ob die Nachhaltigkeit der Einsparung von Energie i.S.v. § 555b Nr. 1 BGB anhand des Vergleichs des tatsächlichen jährlichen Durchschnittsverbrauchs in einem gewissen Zeitraum vor und nach der Maßnahme zu beurteilen ist, zugelassen wurde, hatte Erfolg.
Der BGH hat in dem Berechnungsansatz des Berufungsgerichts einen grundlegenden Mangel gesehen. Die Ermittlung des Energieverbrauchs zwecks Ankündigung einer Modernisierungsmaßnahme bzw. Durchführung einer anschließenden Mieterhöhung könne nicht anhand des tatsächlichen Verbrauchs im Gebäude ermittelt werden. Dieses Vorgehen finde weder im Wortlaut des Gesetzes eine Stütze noch sei dieser Ansatz mit der vom Gesetzgeber verfolgten Zielsetzung einer energetischen Modernisierung vereinbar. Eine Mieterhöhung gemäß § 559 Abs. 1 BGB i.V.m. § 555b Nr. 1 BGB könne der Vermieter schon dann verlangen, wenn nach dem Abschluss der vorgenommenen Modernisierungsarbeiten zum Zeitpunkt der Abgabe der Mieterhöhungserklärung eine durch die erfolgte bauliche Veränderung hervorgerufene messbare und dauerhafte Einsparung von Endenergie zu erwarten sei. Es komme daher nicht darauf an, ob im Verlauf der Jahre nach Modernisierung tatsächlich Energie eingespart worden sei. Dies sei wegen der Rahmenbedingungen auch kaum möglich festzustellen, da sich das Heizverhalten eines Mieters durch verschiedene Umstände ändern könne und zum anderen auch klimatische und bauliche Veränderungen maßgeblich den Verbrauch mitbestimmten. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Vereinfachung des Nachweises sehe vor, dass nach Abschluss der Modernisierungsarbeiten der Vermieter bei einer „ex ante“ Betrachtung, ggf. mithilfe eines Sachverständigen und/oder Hinzuziehung anerkannter Pauschalwerte (Eisenschmid in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 555c BGB Rn. 58), die zu erwartende Einsparung darlegen könne.


C.
Kontext der Entscheidung
Der Vermieter muss klar und präzise darlegen, welche baulichen Maßnahmen mit der Modernisierung beabsichtigt sind. Will der Vermieter beispielsweise eine Dämmschicht aufbringen, muss er dem Mieter auf Nachfrage Angaben machen, ob diese den geltenden Baunormen bzw. dem GEG entspricht. So ist auch der Vermieter gehalten, beim Austausch einer Heizungsanlage darzulegen, ob und warum es sich dabei um eine Verbesserung der Mietsache bzw. um eine Energieeinsparungsmaßnahme handelt (Zehelein, WuM 2013, 133, 134; BGH, Urt. v. 25.01.2006 - VIII ZR 47/05 - MietPrax-AK § 559b BGB Nr 3 = WuM 2006, 157 für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 559 BGB).
Allerdings muss der Vermieter nicht jedes mögliche Detail ankündigen, zumal technische Einzelfragen ohnehin häufig erst während der Bauphase auftreten und eine andere Form der Durchführung als geplant erforderlich machen (LG Berlin, Urt. v. 20.04.2001 - 64 S 471/00 - Grundeigentum 2001, 852). Beim geplanten Einbau einer Gasetagenheizung (anstelle einer Einzelofenheizung) als einer energetischen Modernisierung (§ 555b Nr. 1 BGB) ist somit die Darlegung notwendig, dass die geplante Maßnahme zu einer Endenergieeinsparung führt (BGH, Urt. v. 25.01.2006 - VIII ZR 47/05 für ein Mieterhöhungsverlangen nach § 559 BGB; KG, Urt. v. 20.04.2006 - 8 U 204/05 - WuM 2006, 450 für eine Modernisierungsankündigung).
Zwar bedarf es zur Erläuterung einer Mieterhöhungserklärung des Vermieters wegen baulicher Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie nicht der Beifügung einer Wärmebedarfsberechnung. Daher werden an die formalen Anforderungen der Ankündigung solcher Maßnahmen auch keine überzogenen Anforderungen gestellt. Aber schon allein wegen der Vermieterpflicht zur Mitteilung der voraussichtlichen, künftigen Heizosten (Betriebskosten) ist der Vermieter aber gehalten, die mit dem Heizungseinbau künftig ersparte Endenergie jedenfalls in groben Zügen darzulegen. Nach Absatz 3 genügt es jedoch, wenn der Vermieter dazu auf anerkannte Pauschalwerte Bezug nimmt.
Es muss sich allerdings um anerkannte Pauschalwerte handeln. Wer die Anerkennung zu verantworten hat, sagt das Gesetz nicht. Denkbar sind privatrechtliche Stellen wie der DIN oder der VDI. Darüber hinaus können auch öffentlich-rechtliche Stellen gemeint sein, wie ein Ministerium oder selbstständige Oberbehörden, wie das Bundesumweltamt. In der Gesetzesbegründung wird beispielhaft auf die „Bekanntmachung der Regeln zur Datenaufnahme und Datenverwendung im Wohngebäudebestand“ des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung v. 30.07.2009 (aktuell: v. 08.10.2020 - BAnz AT v. 04.12.2020 B1) verwiesen, worauf auch der Senat Bezug nimmt.


D.
Auswirkungen für die Praxis
In der Praxis wird häufig kritisiert, dass die formalen Anforderungen einer Modernisierungsankündigung bzw. einer Mieterhöhung nach Modernisierung zu detailverliebt sind und die Einhaltung der Anforderungen einen zu hohen Aufwand erfordern. Dies führe bei ihrer Umsetzung sowohl in formaler als auch in materieller Hinsicht zu hohen Rechtsunsicherheiten. Mit dieser Entscheidung (und weiterer Entscheidungen in Parallelverfahren – soweit ersichtlich VIII ZR 280/23; 281/23; 283/23) hat der Senat in einem weiteren Punkt die Anforderungen an die Mitteilungspflicht des Vermieters heruntergeschraubt und damit zu einer erheblichen Vereinfachung im Bereich der energetischen Modernisierung beigetragen.


E.
Weitere Themenschwerpunkte der Entscheidung
Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen einer Mieterhöhung trifft nach allgemeinen Regeln den Vermieter. Allerdings hatte das Berufungsgericht im vorliegenden Fall außer Acht gelassen, dass der geltend gemachte Anspruch die Rückforderung der wegen der Modernisierung gezahlten Miete betrifft und daher seine Rechtsgrundlage nicht in § 559 BGB, sondern in § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu finden ist. Für diesen Anspruch trägt der Anspruchsteller die Darlegung und Beweislast für das Nichtbestehen eines Rechtsgrunds der erbrachten Leistung. Den Leistungsempfänger trifft nur eine sekundäre Darlegungslast.



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